Die neue Schweizer Anzeigen-Abwicklerin

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Wenn Grossverlage ihre Zusammenarbeit mit der Publicitas aufkünden, haben sie einen Plan B. Nun ist klar, wie der aussehen soll. NZZ, Tamedia, AZ Medien und Corriere del Ticino gründen zusammen mit dem VSM eine neue Gesellschaft für die Anzeigenabwicklung - im Prinzip eine Publicitas «extra Light». Der Gedanke ist nicht neu.

Die neue Schweizer Anzeigen-Abwicklerin

Bereits im Sommer 2016 hat das damalige Publicitas Management noch versucht, den Anzeigen Administrations-Service den Schweizer Verlagen anzubieten. Die Tamedia war diesem Gedanken nicht abgeneigt und hat einem Markttest zugestimmt. Der Test wurde bereits nach 2 Wochen «wegen schwerwiegender Mängel» abgebrochen. Die Qualität der Dienstleistung war derart schlecht, dass eine Weiterführung oder Zusammenarbeit ausgeschlossen wurde.

Qualität im Ausland nicht duplizierbar

Die Publicitas hatte ihre Kernkompetenz, die Abwicklung von Anzeigenaufträgen, komplett ins Ausland ausgelagert, nach Bratislava. Der Plan, nach einer Schnellbleiche durch erfahrene Publicitas Fachleute, günstige Mitarbeiter in Bratislava administrative Backoffice Arbeiten ausführen zu lassen, funktionierte nicht. Gemäss Publicitas Insidern war die Qualität des Service miserabel und lag bei maximal 50% statt bei den versprochenen 110%. Jeder zweite Auftrag war irgendwie fehlerhaft. Da trösten auch niedrige Kosten nicht über falsch erfasste Anzeigentermine, unvollständige Titellisten, falsche Erscheinungskontrollen, fehlerhafte oder fehlende Rechnungen, etc. hinweg.

Dabei wäre es doch so einfach

In den letzten 20 Jahren haben sich die Dienstleister im Markt auf die vermeintlich lukrativere Vermarktung und Online gestürzt. Dass die Verleger sich im härter umkämpften Markt lieber selber vermarkten wollten, statt der Publicitas 30-40% ihres Umsatzes für die Anzeigenpacht (Vermarktung und Administration inkl. Delkredere) abzugeben, ist verständlich.

Dass die Publicitas die sich öffnende Versorgungslücke nicht gesehen hat, ist der Kurzsichtigkeit der damaligen Führung der Publicitas bzw. PubliGroupe zu verdanken. Noch bis zuletzt hat die PubliGroupe lieber in Online Abenteuer und Allmedia Beratung/Vermarktung investiert, statt ihre solide Basis in der elektronischen Auftragsabwicklung von Anzeigen auf weitere Medien zu erweitern. Das war nicht abzusehen? Doch war es. Die Idee war bekannt, es wurden sogar Beispiele aus dem Ausland analysiert. Der Wille zur Umsetzung hat gefehlt. War wohl nicht glorreich und Buzzword genug.

Technische Plattform für Werbung

Qualitativ hochstehende Anzeigenabwicklung ist auch heute noch gefragt. Von der Auftragsbestätigung bis zur Erscheinungskontrolle und Fakturierung wird sorgfältiges und vor allem genaues Arbeiten verlangt. Die moderne Technologie macht heute Vieles einfacher als vor 20-30 Jahren.

Wie das Bratislava Experiment der Publicitas zeigt, ist aber trotz moderner Technik auch hier noch Schweizer Qualität gefragt. Kenntnisse über den Schweizer Medienmarkt und die Printprodukte sind dafür unersetzlich. Für die neue Gesellschaft, welche sich nur darauf konzentrieren kann mit hoher Zuverlässigkeit und Effizienz Aufträge abzuwickeln und vom Dilemma befreit ist, zwischen den Fronten der im Wettbewerb stehenden Verlage zu stehen, stehen die Zeichen der Zukunft darum gut.


Neuer Service steht der gesamten Branche offen

Wie Jürg Weber, Leiter Regionalmedien NZZ im Presse-Communique zitiert wird, steht der neue Service der gesamten Branche zur Verfügung. «Jeder wird ihn nutzen können, keiner muss». Die Gesellschaft soll innerhalb kurzer Zeit im Markt standardisierte, administrative Services anbieten, welche die einfache Abwicklung von Inseraten und Kampagnen ermöglicht und unterstützt. «Wir geben Gas und hoffen, in den nächsten ein bis zwei Wochen die Tätigkeit aufnehmen zu können», sagt Weber. Die neue Gesellschaft wird explizit nicht im Anzeigenverkauf aktiv sein, der Fokus liegt auf der Abwicklung. Bestehende Unternehmen sollen nicht konkurrenziert werden, man versteht sich als ergänzende Alternative.

Ob Ringier Axel Springer Schweiz beziehungsweise die Admeira, welche nicht Partnerin der neuen Gesellschaft ist (und seit Admeira Partnerschaft auch aus dem VSM ausgetreten ist), die Services nutzen wird, ist noch offen. Die Zusammenarbeit mit der Publicitas hat Ringier jedenfalls kurz nach der Tamedia auch aufgekündigt.

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Über den Autor:

Sandro Prezzi

Sandro Prezzi

Experte für Media, Digitalisierung und Integrierte Kommunikation.

Seit 2007 kommentiert Sandro Prezzi Entwicklungen, Trends und News der Schweizer Werbewirtschaft. Seine Hauptthemen sind Media, Integrierte Kommunikation, Medien-Forschung, Digitalisierung und Online Marketing.

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Kontakt: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.

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