GroupM - vom Saulus zum Paulus innert nur 9 Monaten?
Ist sich die Führung der GroupM uneinig oder einfach nur orientierungslos? Der eine, GroupM Chairman Irwin Gotlieb, sieht sich nicht länger als Agentur (kein unabhängiger Berater mehr) und Juergen Blomenkamp, Global Investment Chairman GroupM will aktuell die Beratung stärken und nicht ins Vermarktungsgeschäft. Vom Saulus zum Paulus innert nicht mal 9 Monaten oder nur Lippenbekenntnis? Was ist denn da los?

180 Grad Wende innert 9 Monaten oder ist sich das Top Management nicht einig?
Es ist noch kein Jahr her, als der GroupM Chairman Irwin Gotlieb an der Conferenz der Association of National Advertisers in Phoenix sagte, dass er die Beziehung zwischen Mediaagenturen und Kunden nicht mehr als „agent“ (also im Namen und Auftrag des Kunden) verstehe. Uebersetzt heisst das: seit dem die Agenturen ihren Kunden eigene Produkte verkaufen, sind sie vielmehr als Vermarkter zu verstehen. Nur so liessen sich die hohen Gewinne, welche bei solchen Transaktionen zustande kommen, auch so darstellen, dass sie weder gültigem Recht noch den Kundenverträgen widersprächen.
(Quelle AdAge: http://adage.com/article/agency-news/groiupm-chairman-media-agencies-agents/298294/)
Vom Saulus zum Paulus
Neun Monate später und nach vielen enthüllenden Artikeln zur den Geschäftspraktiken der Mediaagenturen, Rückfragen von Kundenverbänden, kritischen Fragen von Werbekunden und deren Anwälte, sieht die GroupM Welt nun etwas anders aus. Juergen Blomenkamp, Global Investment Chairman der GroupM, spricht sich am Deutschen Medienkongress für eine ganz andere Ausrichtung aus: „Eine Agentur solle alles aus Sicht der Kundenbedürfnisse sehen. Wir dürfen nicht einfach einen Schritt ins Vermarktungsgeschäft machen.“ Dies vom „Erfinder“ der GroupM Trading Produkte (z.B. Xaxis) zu hören, überrascht nun doch sehr. Vom Saulus zum Paulus in nicht mal 9 Monaten?
(Quelle Horizont: http://www.horizont.net/medien/nachrichten/Mediaagentur-Debatte-Group-M-Manager-Blomenkamp-will-Beratung-staerken-138407)
Lippenbekenntnisse?
Unterdessen ist es wohl auch der GroupM Spitze klar geworden, dass man als Vermarkter seine Glaubwürdigkeit als Berater verliert. Es scheint aber, dass es gut gemeinte Lippenbekenntnisse bleiben werden. Denn am gleichen Tag lesen wir von der neuen Allianz IP Deutschland (Vermarktung der RTL Sender) und der Mediacom (GroupM Mediaagentur – Marktführer in Deutschland). Die beiden sollen nun gemeinsam erstmals TV „programmatisch“ einkaufen und buchen. Eine nahtlose Verknüpfung des Buchungssystems von IP Deutschland mit dem TV-Planungstool der Mediagentur. Wenn man sich an die Gepflogenheiten der Vergangenheit erinnert, dürften hier als Bonus für die Agentur zusätzliche Kommissionen für Buchungen über das neue System rausspringen, welche natürlich nicht dem Werbekunden weitergegeben werden. Oder irren wir uns da?
Programmatic ist nicht gleich Programmatic
Aber Achtung: bitte lassen Sie sich NICHT vom Buzzword „Programmatic“ in diesem Kontext verwirren – es handelt sich nämlich nicht um die individuelle, datenbasierte Buchung Verbreitung von TV Spots, wie man vermuten würde. Es handelt sich lediglich um einen Online-Handelsplatz – vom 1:1 datengesteurten TV Spot technologisch noch so weit entfernt wie das erste Walkie Talkie vom heutigen Smartphone.
Davon ist die ganze Branche unterdessen befallen – so liessen nun auch die deutschen Verleger der Bertelsmann-Reich (zu dem RTL wie auch Gruner + Jahr gehören) voller stolz verlauten, sie böten als Pioniere im deutschen Werbemarkt ab sofort Print-Anzeigen in Zeitschriften „programmatisch“ über eine digitale Einkaufsplattform an. Bravo – dies bot die PubliGroupe Tochter Publimedia mit MediaDispo in der Schweiz bereits Ende der 90er Jahre an - also vor 20 Jahren!
Weiterlesen im Artikel: Programmatic Buzzwording in Deutschland
(Quelle: http://www.wuv.de/medien/ip_deutschland_und_mediacom_steigen_ins_programmatic_tv_ein