BAKOM bremst Werbeallianz nach WEKO Okay aus
WEKO bescherte der Werbeallianz ein kurzes frühes weihnachtliches Korkenknallen - sie gab am Mittwoch Vormittag grünes Licht OHNE Auflagen. Das Bakom stoppte das frühe Fest am späteren Nachmittag abrupt: das Bakom verbietet der SRG ein Engagement bei der Allianz bis die Untersuchung abgeschlossen ist (spätestens 31.3.2016)!

Eigentlich war es klar, auch wenn die Gegner und Kritiker der Werbeallianz Ringier/SRF/Swisscom in den letzten Wochen alle Geschütze aufgefahren haben, die WEKO hat grünes Licht gegeben, was sonst. Bundesrätin Leuthard hatte schon früh den roten Teppich ausgerollt, indem sie der SRG und der Swisscom geraten hat, sich doch einen Verlag als dritten Partner zu holen (wer ihr das wohl eingeflüstert hatte?). Dass damit eine in Europa einzigartige Allianz - ein weiterer Sonderfall Schweiz - entsteht, wird tolleriert, eine Wettbewerbsverzerrung sieht die WEKO aber nicht.
Das BAKOM bremst die Werbeallianz noch am gleichen Tag aus
Dafür bremst das BAKOM nun die verfrühte Freude und verbietet der SRG das Engagement bei der Werbeallianz bis die Untersuchungen abgeschlossen sind (spätestens 31. März 2016).
So vermeldete das Bakom: "Die rundfunkrechtliche Überprüfung der Beteiligung der SRG am Joint Venture durch das Bakom ist noch im Gang. Es wird insbesondere geprüft, ob das von der SRG mitgetragene
Joint Venture die Erfüllung des Programmauftrages der SRG beeinträchtigt und/oder den Entfaltungsspielraum anderer
Medienunternehmen erheblich beschränkt. Gegebenenfalls kann das
Bakom dem Uvek konkrete Auflagen an die SRG vorschlagen."
Obs funktioniert wird die Zukunft zeigen
Von "das wird der Hit" bis zu "kompletter Schwachsinn - wird ein Reinfall" gehen die Meinungen in der Werbebranche über die Allianz. Vorallem die Ziele, damit den Grossen im Digitalgeschäft, also Google und Facebook, ernsthaft Paroli zu bieten, werden aber von den meisten Digitalexperten als Alibibehauptung gewertet. Die 3 Akteure gehören in der Schweiz zu den dominanten Anbietern - also ganz gut vergleichbar mit Google, Facebook und Co. Dass die neue Vermarktungskraft sehr wohl grossen Einflusss auf den Schweizer Werbemarkt haben wird, ist darum für alle klar. Die Kritiker sehen vorallem die Gefahr, dass auch ein Scheitern durch die staatsnahen und öffentlichrechtlich finanzierten Partner Swisscom und SRG praktisch ausgeschlossen sei - wenn DAS keine Marktverzerrung ist?
Neue Digitalprodukte mit Targeting
Ob die in Aussicht gestellten neuen Produkte, funktionieren und auch halten, was sie versprechen, wird sich zeigen. Zuerst müssen sie erstmal verfügbar werden. Das Setup wäre spannend - rundum Targeting, Remarketing und Kontaktaussteuerung - von Online, Mobile und TV Werbung. Davon träumen nicht nur Mediaplaner.
Die Zukunft wird es zeigen, ob die Swisscom Daten wirklich so wertvoll, der Marktanteil von SwisscomTV und SRF Sender genügend Reichweite erreichen, die SRF Inhalte so publikumswirksam und die Online Werbeplätze von Ringier so leistungsstark sind, dass die Kommunikationsleistung die Mehrkosten übertreffen. In allen drei Bereichen ist der Wettbewerbsdruck und die Dynamik gross: immer mehr TV Sender buhlen um die Zuschauer-Marktanteile und mit jedem neuen Sender verlieren die Bestehenden, die Smartphone Hersteller haben ihr Gewissen entdeckt und wollen ihre Kunden mittels ausgeklügelten Tools vor der Datensammelwut bewahren was das Targeting und insbesonders Retargeting immer schwieriger macht und die AdBlocker blenden die aufdringliche und unerwünschte Werbung bei immer mehr Usern aus (auch auf dem Smartphone).
Vermarktungspower und nicht innovative Werbeformate machen Bauchschmerzen
Nicht die innovativen neuen Werbeformate erzeugen das grosse Bauchweh. Die geballte Vermarktungsmacht mit einem redaktionsnahen und preisbestimmenden "Allmedia" Angebot unter einem Dach, ist wohl das, was vielen auf den Magen schlägt. Dies wird nicht etwa eine neue verbesserte "PubliGroupe", welche im Auftrag der Provider und Verleger Werberaum vermarktet. Die Werbeallianz hätte direkten Zugriff auf das Werbe-Inventar, Preisgestaltung und direkten Einfluss auf das redaktionelle Umfeld verbunden mit den Online und Mobile Nutzungsdaten der Mehrheit der Schweizer durch die Swisscom. Da kommt ganz schön viel Macht zusammen.
Skepsis und verhaltene Werbeauftraggeber
Den Mutigen gehört die Zukunft und das Privileg der Fehltritte und Bauchlandungen. Wer auf seinen Return on Investemt insbesonders bei den Werbeausgaben bedacht ist, schaut lieber gut hin, wie auch ein jüngstes Beispiel der UBS eindrücklich zeigt. Mutig wurden Digital-Spendings ins Programmatic Advertising umgelagert, gelockt von der höheren Effizienz und vermeintlich tieferen Kosten (das System kann viel schneller und besser entscheiden als jeder Mediaplaner). Ergebnis: die Kosten waren 25-100% höher als vorher (siehe auch Beitrag Probleme mit Programmatic). Gut wer weiss, was er kontrollieren muss. Wer die Statements von Martin Schneider (jetzt noch Direktor der Publisuisse, der neu CEO der Werbeallianz) für die Gründe und Ziele der Werbeallianz aufmerksam liest, merkt sofort - Ziel ist es die sinkenden Umsätze zu steigern und Renditen zu verbessern. Uebersetzt für Werbauftraggeber: hier will man mit weniger mehr verdienen.
Mediabeobachter bleibt gespannt und verfolgt die Entwicklung genau.