Goldbach satte Gewinne trotz stagnierendem Umsatz
Am Dienstag hat die Goldbach Group ihre Geschäftszahlen 2012 veröffentlicht. Kurz gesagt: 50% mehr Gewinn bei 0.1% Umsatzrückgang (Netto). Ueberraschend ist der Umstand, dass der Bereich Media (TV, Radio) mit einem Wachstum von 4.6% oder 14.2 Mio Franken der einzige Umsatztreiber war - Interactive (-3% oder 1.2 Mio Franken) und Audience (-17.4% oder über 13 Mio Franken weniger als im Vorjahr) haben im 2012 deutliche Umsatzrückgänge verzeichnen müssen. Die Betriebsergebnis hat sich dafür im Bereich Interactive um 67.3% verbessert - hier wurde wohl stark an der Rendite-Schraube gedreht.
Ob der Umsatzrückgang im Online-Geschäft um über 17% wirklich wie von Goldbach erklärt alleine auf den Börsengang von Facebook zurückgeführt werden kann, ist fragwürdig. Viel wahrscheinlicher ist der Umsatzrückgang auf die veränderte Marktsituation bei den Mediaagentur-Netzwerken und neuen Marktteilnehmer zurückzuführen. Die grossen Mediaagenturen bieten heute eigene Online-Produkte (Targetingprodukte, Pools, "exklusive" Netzwerke, etc.) ihren Kunden an. Damit treten sie zwar selber als Vermarkter auf (was ihre neutrale Beraterfunktion in Frage stellt), profitieren dafür von den hohen Margen (siehe EBIT Audience), welche doch deutlich über den üblichen Agenturhonoraren (von 2-5% des Umsatzes) liegen. Dieser Umsatz fehlt dann aber bei den "klassischen Online-Vermarktern" wie Goldbach Audience.
Das Sorgenkind scheint Goldbach Interactive zu sein. In diesem Geschäftsfeld tritt Goldbach als "Digital Kreativagentur" auf (und stellt sich als Konkurrent zu ihren "Agentur-Kunden" in den anderen Geschäftsfeldern auf). Der EBIT Schwund (-65.3% oder nur CHF 800K statt CHF 2.3 Mio Ebit) wird mit hohen Investitionen in Oesterreich und Polen begründet. Der Umsatzrückgang um 3% in einem Markt, der auch nach eigenen Aussagen starkem Wachstum ausgesetzt ist, lässt aufhorchen. Wenn die digitale Kommunikation in die "Reifephase" kommt und heute zum "Standard-Medien-Mix" gehört, muss es die Goldbach Interactive wohl mit den etablierten Kreativ- und Kommunikationsagenturen aufnehmen und da fehlt bei den Kunden wohl noch das Vertrauen in die Kompetenzen bei den klassischen Medien. Das typische Los der Spezialagenturen im veränderten Marktumfeld - sobald sich ein Medium etabliert, verändern sich die Ansprüche der Kunden. Zumal die smarten "klassischen" Kreativagenturen spätestens zu diesem Zeitpunkt ihre Kompetenzen in den Spezialbereichen aufgebaut haben und wieder einen "sorglos Rundumservice" anbieten.
Die wohl grösste Herausforderung im Schweizer Heimmarkt heisst wohl "Konvergenz". Das öffentlich rechtliche TV legt mit ihrer Integration von Radio, TV, Socialmedia und Online ziemlich vor. Der Sommer 2013 wird ein heisser werden. Die Politik muss die Frage beantworten, ob SRF bei ihrem Vormarsch gebremst oder eingeschränkt wird - was die Verleger und privaten Medienunternehmer verlangen - und ob die Angebote der SRF im Internet auch mit Werbung finanziert werden dürfen. Davon hängt schliesslich ab, wie die privaten Medien ihre hohen Investitionen in die Digitalisierung refinanzieren und rechtfertigen können.
Dem Bewegtbild gehört die Gegenwart und nahe Zukunft, am TV, auf dem Tablet und dem Handy. Die Kommerzialisierung dieser Reichweiten (die noch weiter stark steigen werden) ist jedoch äusserst schwierig und auch für Klaus Kappeler (CEO Goldbach Group) eine der grössten Herausforderungen der nächsten Zeit. Konkrete Rezepte fehlen nicht nur bei Goldbach - hierbei tun sich auch international viele Anbieter sehr schwer. Die Mobile-Werbung kommt nicht vom Fleck und Second-Screen Angebote sind noch umständlich und generieren noch keine Reichweiten, bzw. bieten noch wenig sinnvolle Mehrwerte. Wie die jüngsten Beispiele von SRF (Voice of Switzerland) zeigen, ist bereits die Integration von Social Media (Twitter, Facebook) in TV-Formate schwierig und werden nur von sehr wenigen Usern genutzt (in den letzten Wochen mehrheitlich von Medienjournalisten, Bloggern und vereinzelten Musikern).
Für 2013 gilt wohl "more of the same" wenn es um Umsatz und Gewinn geht. Die TV-Strategie durch neue Werbefenster (Sixx und Viva Schweiz - weitere folgen noch im 2013) der Fragmentierung und damit verbundenen Marktanteilsschwund der grossen Sender entgegenzuwirken wird ihre Früchte tragen. Die Werbekunden und Mediaagenturen lassen sich immer weniger von den "Egos" der Sender beeindrucken, sondern wägen das Preis-/Leistungsverhältnis ab und konzentrieren sich darauf ihre Kommunikationszielgruppe zielgenau und im richtigen Umfeld anzusprechen. Hier haben die "Themensender" einen Vorteil - meist klare Zuschauerprofile und damit kleinere Streuverluste und bessere Effizienz. Sofern das neue TV-Quoten-Tool dann genaue Zahlen liefert (wann auch immer) - könnte ein grosser Schritt zu qualitativen TV-Planungen gemacht werden. Hier hat sich Goldbach gut aufgestellt und wird wohl auch im 2013 von der ungebremsten TV-Lust der Werbekunden profitieren können - dank Marktanteilsverschiebungen vielleicht sogar überproportional...
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